Nein sagen, Grenzen setzen: Grundschul-Projekt „Mut tut gut“ will Kinder stark machen gegen Übergriffe
Erstklässler der Leibnizschule trainieren das Neinsagen, dazu gehört eine entsprechende Körpersprache. Tanja Ziemert (links, von vorne), Astrid Kaufmann von „Funkelstern e.V.“ und Trainer Hilker-Josef Bierbrauer-Kurtoglu zeigen, wie es geht. Foto hbz/Judith Wallerius
MAINZ, 10. September 2017 – Eine Situation, die den meisten Eltern vertraut sein dürfte: Ihr Kind steht morgens auf und sagt, es habe Bauchschmerzen. Wie sollen Eltern jetzt reagieren? Schließlich kommen in etwa vier verschiedene Ursachen für das Unwohlsein des Kindes in Frage. Das Kind hat etwas Falsches gegessen, es könnte beispielsweise eine Erkältung bekommen, oder aber es hat Angst vor einem Test in der Schule.
Die vierte und sehr problematische Erklärung könnte aber sein, dass etwas Psychisches hinter dem Unwohlsein steckt, wie zum Beispiel Mobbing. Wie aber bekommt man die Kinder dazu, mit solchen gefährlichen Situationen umgehen zu können?
Mit dieser und vielen weiteren ähnlichen Fragen beschäftigt sich das Projekt „Mut tut gut“, das seit diesem Jahr an einigen Mainzer Grundschulen vom Verein „Funkelstern“ realisiert wird. So auch in der vergangenen Woche in allen Klassenstufen an der Leibnizschule in der Leibnizstraße 13.
Das Ziel des Projektes ist klar: Das Selbstbewusstsein von Kindern zu stärken, damit sie sich in schwierigen und gefährlichen Situationen besser behaupten können. Dabei ist die Rede beispielsweise von sexuellem Missbrauch, aber auch von der Thematik, dass Kinder nicht zu Tätern werden dürfen. „Kleine selbstbewusste Kinder im Grundschulalter werden in der Regel keine Opfer oder Täter“, betont Astrid Kaufmann, die Erste Vorsitzende von „Funkelstern“. „Das Selbstbewusstsein ist der Grundmeilenstein, der bei einem Kind gelegt wird. Die Kinder trauen sich häufig nicht Nein zu sagen, sondern lassen alles zu. Wenn Kinder lernen, ,Nein‘ zu sagen, dann haben wir viel erreicht. Denn dann akzeptieren sie nicht, dass eine Grenze überschritten wird.“
Das Projekt stammt vom Netzwerk Rheinland aus Köln, welches dabei mit dem Polizei- und Sportverein Nordrhein-Westfalen zusammenarbeitet. „Funkelstern“ möchte das Projekt langfristig an vielen Mainzer Grundschulen durchführen.
Und nach Möglichkeit auch regelmäßig. „Wir würden das gerne nicht nur einmal machen, um zu verhindern, dass das Erlernte direkt danach wieder verpufft“, erklärt die Zweite Funkelstern-Vorsitzende und Pressesprecherin Elfi Schacht. „Wir möchten dranbleiben, damit es auch nachhaltig ist.“
„Das ist eigentlich auch das Grundprinzip dieses Projektes“, ergänzt Astrid Kaufmann. „Man fängt in der ersten Klasse damit an und führt es bis zur vierten Klasse fort. Es baut aufeinander auf.“ „Lehrer und Eltern müssen das immer wieder bei den Kindern thematisieren. Kinder ändern ja nicht nach einem Tag ihr Verhalten und erkennen sofort eine Gefahr. Das muss immer wieder wiederholt werden“, erklärt Annette Jutzi, die Rektorin der Leibnizschule. „Das Projekt passt sehr gut zum Schulkonzept, da Gewaltprävention im schuleigenen Qualitätsprogramm verankert ist.“
Vier Trainer vom Netzwerk Rheinland führen das Projekt in den verschiedenen Klassenstufen durch. Zusammen mit den Kindern sprechen sie darüber, wann man von Mobbing und Gewalt spricht, was ein gutes oder ein böses Geheimnis ist und welche man für sich behalten darf oder welche man lieber zum eigenen Schutz erzählen sollte. Geübt wird zumeist in Rollenspielen, in denen es schwerpunktmäßig um die Themen „Nein sagen“, Grenzen setzen, Gefühle, Geheimnisse und Handlungskompetenzen geht. Auch die Frage, ob Hilfe holen dasselbe ist wie „petzen“ wird angesprochen. Ein Projekt, durch das die Kinder viel lernen können.